x Roachware: März 2011

Dienstag, 29. März 2011

Bitte keine Dubletten

Orado

...das könnte der Wunsch hinter der Spielidee von "Orado" sein. In diesem taktischen Spiel haben die Spieler insgesamt je 13 Spielsteine zu "setzen" - und zwar so, daß auf benachbarten Feldern nie genau die gleiche Kombination von Steinen liegt. Jeder Spieler hat nämlich zwei verschiedene Sorten Spielsteine – je 8 und 5 gleiche – so daß es insgesamt 4 verschiedene Farben gibt. Welche, das hängt von den kleinen Halbedelsteinen ab, die Hiku wie gewohnt verwendet (und wer auf der Spielemesse am Stand bei Hiku kauft, kann sich diese sogar direkt aussuchen). Wer also gezwungen ist, einen Stein so zu legen, daß ein Paar entsteht, das benachbart schon einmal vorkommt, bekommt einen Minuspunkt – oder mehrere, wenn es das Paar sogar mehrfach in Nachbarschaft gibt, was beim Spielplan von Orado durchaus vorkommen kann.



Ach ja – Spielplan. Der befindet sich wie bei Hikus Spielen schon gewohnt wieder auf der Innenseite des kleinen Lederbeutelchens, in dem auch die Spielsteine aufbewahrt werden. Sehr praktisch das ganze, nach dem Spiel einfach den Beutel zuziehen und fertig, das sieht nicht nur edel und stylish aus, das ist auch noch platzsparend und man kann es umso einfacher mitnehmen.

Orado mag auf den ersten Blick einfach aussehen, aber es ist weit raffinierter. Man muß gerade gegen Ende doch schon mehrfach vorausdenken, um Minuspunkte zu vermeiden. Die spannendsten Spiele – wenn beide taktisch klug spielen – gehen 0:-1 aus – was auf recht faire Regeln schließen läßt. Sicherlich etwas für Taktiker und Vorausdenker, es gibt keinen Glücks- und eigentlich auch kaum Blufffaktor, dafür aber verschiedene taktische Ansätze. Da eine Partie durchaus recht schnell geht, ein schönes Spiel "für zwischendurch", und auch wieder einmal etwas "für zwei". Und für sowas handliches ist immer noch Platz in einem Spielekoffer, oder notfalls einfach in der Jackentasche. Und in Hinsicht auf das verwendete Spielmaterial ist es wie gewohnt sehr preiswert.

HerstellerHiku
AutorenHartmut Kommerell
Spieler 2
Denken 8
Glück 0
Geschicklichkeit 0
Preis € 10
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Montag, 28. März 2011

DSA - Großreinemachen

Zur Zeit überschlagen sich wieder einmal die Meldungen zur Redaktion des Rollenspiels DSA.

Nachdem vor wenigen Tagen bekanntgegeben wurde, dass Uli Lindner und Patric Götz nicht mehr zur DSA-Redaktion gehören, wurde im Laufe des letzten Wochenendes auch der Auszug Thomas Römers aus der Kernredaktion bekanntgegeben. Außerdem wurde bekannt gegeben, dass Alex 'Disaster' Spohr neu zur Redaktion stößt, sowie dass die WunderWerk Online - ein Online-Newsletter zum Schwarzen Auge - eingestellt werde zugunsten der Veröffentlichungen von Einzelartikeln.

Ein ein wenig merkwürdiges Gefühl beschleicht einen schon, wenn man all das hört. Gerade Uli, Patric und (vor allem) Thomas gehören ja für den (halbwegs) Eingeweihten zum festen Inventar von DSA, so dass man sich unwillkürlich fragt, ob das denn gut gehen kann. Da kann auch die Berufung von Alex die Bedenken nur teilweise zerstreuen.

Für DSA scheint seit einiger Zeit der alte chinesische Fluch von den 'interessanten Zeiten' eingetreten zu sein, und man darf wohl gespannt sein, wie das weitergehen wird. Ich persönlich finde den Verlust der drei sehr schade (der Gewinn von Alex hingegen ist sicherlich ein Pluspunkt), und werde gespannt die weitere Entwicklung verfolgen. 'mal sehen, vielleicht ergibt sich ja irgendwann einmal eine Gelegenheit, mit dem einen oder anderen der Gegangenen und gegangen Gewordenen am Rande einer Con oder Börse ein kleines Interview zu führen, und davon an dieser Stelle zu berichten. Mich würde es jedenfalls freuen.

Persönlich wundert mich die Entscheidung doch ein wenig, denn die drei, die jetzt gehen, gehören zu den wenigen DSA-Machern, die auch dem weniger internet-affinen Spieler des Systems ein Begriff sind. Gerade Thomas Römer hat in der Rezeption der heutigen Spieler (wenn ich die Eindrücke auswerte, die ich auf verschiedenen Cons und bei gelegentlichen Besuchen in Deutschen Rollenspielläden erhalte) den Urvater des Schwarzen Auges, Ulrich Kiesow, längst überholt. Und die Liste der in den letzten 12 Monaten ausgeschiedenen liest sich beinahe wie ein Who's Who der Deutschen Rollenspielszene. Ich kann mir nicht so recht vorstellen, dass man jetzt versuchen will, durch 'unbekanntere' Autoren den Eindruck zu erwecken, man sei der Indie-Szene zuzurechnen. Das ist dann doch eine etwas andere Welt...

Ich werde jedenfalls gespannt beobachten, wie es dem zweitältesten deutchen großen Rollenspielsystem in Zukunft ergehen wird.
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Corvus Corone und Glitzerkram

Crows

Daß Krähen glitzerndes "Zeugs" gerne haben, ist eine allgemein bekannte Tatsache. Dieses Phänomen hat die kanadische Spieleschmiede Valley Games im siebten Spiel ihrer "Modern Line" mit Crows umgesetzt – die Spieler versuchen, möglichst viele Krähen zu ihrem glitzernden Objekt zu locken. Zu Beginn sitzen die Krähen auf Bäumen, und fliegen am Ende der Runde jeweils zum nächsten glitzernden Objekt, das sie erreichen können. Dadurch, daß die Spieler durch neue Kärtchen die anfänglichen Löcher im Spielplan schließen, lotsen sie immer mehr Krähen zu den Objekten, die sie entsprechend plazieren. Jede Krähe am eigenen Objekt bringt am Ende der Runde einen Punkt, oder zwei, wenn das ganze auch noch auf einem Friedhof stattfindet (sieht einfach schicker aus).


Klingt zu einfach? Na klar, ist es auch, aber dafür gibt es ja auch noch Bonuskarten, die erlauben, Krähen umzupositionieren, welche die verhindern, daß bestimmte Krähen fliegen usw., der Spielplan wächst jede Runde weiter, es kommen dadurch auch mehr Krähen ins Spiel, wenn sich zu große Schwärme sammeln, verteilen diese sich auch wieder, und last but not least kann man auch noch mit Müll werfen, der dann im wahrsten Sinne des Wortes im Weg herumliegt – nicht nett, aber taktisch sicherlich manchmal klug, da sämtliche Krähen dort erst mal bremsen - so macht man dann manchen Plan des Kontrahenten zunichte. Da auch der Startspieler jede Runde wechselt, ist hier viel Taktik gefragt.

Der Glücksfaktor ist zwar vorhanden (nämlich darin, was als nächste Karte kommt), aber eher gering; nach den ersten Partien werden die Spiele recht spannend, da man durch geschicktes Taktieren den Gegner schön sabotieren kann – durchaus ein Ärgerspiel, stellenweise zumindest.

Sehr schön ist das Spielmaterial – die Plättchen mit den Bäumen sind aus stabilem Karton, ebenso die Bonuskärtchen (widerstandsfähig und pubtauglich - was man sonst eher selten vom amerikanischen Kontinent kennt, da haben die Kanadier wohl an Europa gedacht, weiter so!). Die Krähen sind auch recht hübsch gestaltet, ebenso die "glitzernden Objekte" in Form kleiner Dekokristalle, und das ganze hält sich bei dieser Ausstattung preislich definitiv im Rahmen. Zudem gibt es die Spielanleitung in sechs Sprachen – neben Deutsch liegen Englisch, Französisch, Spanisch, Niederländisch und Italienisch bei.


Insgesamt ein schönes rundes Spiel, das nicht allzu lange dauert, immer anders ist (da sich der Spielplan ja quasi jedesmal anders neu baut), mit einer schönen Thematik versehen und hübsch gestaltet. Etwas für Taktiker, die mal keine Pappmärkchen verschieben wollen.


HerstellerValley Games Inc.
AutorenTyler Sigman
Spieler 2-4
Denken 7
Glück 2
Geschicklichkeit 0
Preis € 29,95
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Samstag, 26. März 2011

Jetzt gibt’s was aufs (Trommel)fell...

Hossa!

Große Gruppe, gute Laune, alle wollen spielen, aber was? Nun, wenn die Spieler zumindest ein wenig musikalisch sind (oder den Willen dazu haben, so zu tun als ob), und zumindest eine ganze Reihe Lieder kennen (egal aus welchen Genres), ist man mit "Hossa!" gut beraten. Hier geht’s um Lieder kennen, singen und mitsingen, weitersingen und davon möglichst viel. Das Spielprinzip ist eigentlich recht einfach, nur die Punktwertung, wieviele Punkte es denn nun genau wofür gibt, ist anfangs ein wenig verwirrend (aber nicht weiter tragisch – solange man sich auf irgendetwas einigt, denn bei diesem Spiel ist sowieso der Spaßfaktor weit wichtiger als "ich will gewinnen").

Wer an der Reihe ist zieht zwei Karten – schaut sich Vorder- und Rückseite an, denn auf beiden gibt es Begriffe zu finden – entweder ein konkretes Wort (zB Seite, Wort, Ende, blau, Insel) oder eine Kategorie (Ein Kontinent, eine Hauptstadt, ein Monat oder ein Spieltitel). Eine der vier Möglichkeiten sucht er aus und gibt die Karte nach links weiter – und mit diesem Begriff muß der nächste Spieler dann ein Lied finden, am besten sogar singen. Dafür gibt es Punkte – und fürs (richtig) mit- und weitersingen können auch andere Spieler punkten. Die Karte wandert dann weiter, nächstes Lied, gleicher Begriff, gleiches Prinzip – wird natürlich ggf. ein wenig schwieriger, weil es nicht dasselbe Lied sein darf. Ist die Karte "durch", darf der nächste auswählen – undsoweiter undsofort, und zum Punktezählen gibt es schöne kleine Holzzählsteinchen in viererlei Kaliber.


Damit ein Lied gültig ist, muß das notwendige Wort im Titel, im Refrain oder zumindest an einer prominenten Stelle vorkommen – allerdings ist die Sprache dabei egal, nicht ohne Grund sind die Karten immerhin sechssprachig (Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Türkisch, Japanisch – wer selbst noch erweitern will, etwas Platz ist auch noch). Wenn Blau blüht der Enzian schon weg ist, darf man natürlich mit Blue Hotel genauso kontern wie mit Azzuro oder Johnny Blue, oder wenn den vorherigen Spielern sowohl die Insel mit zwei Bergen als auch die Insel am Ende der Welt eingefallen ist, gibt es immer noch Islands oder La isla bonita. Wäre das nicht möglich, wären einige Begriffe ganz schön schnell erschöpft – man nehme mal den "Kontinent" - okay, dreimal Afrika (davon eins in drei Sprachvarianten), zweimal Amerika und zumindest einmal Europa (Ein hoch auf Besuche durch die NDW) fallen da ein, und davon sind insgesamt gerade mal zwei auf Deutsch, aber Antarctica ist leider instrumental, und ich kenne keine Lieder in denen Asien oder Australien vorkommen (nein, Land down under zählt nicht, auch wenns ein gutes Lied ist).

Mal abgesehen davon, daß die Testspiele verdammt viel Spaß gemacht haben, gibt es folgende Erkenntnisse: Je bunter der Musikgeschmack der Gruppe, umso wahrscheinlicher, daß auch "späte" Spieler noch Titel finden, aber umso eher ist es auch möglich, daß dann bei manchem Lied keiner mitsingt (weil es zu unbekannt ist). Wenn ein paar Spieler Barden/Filker/etc sind und andere nicht kann es leicht unfair werden, weil die einfach mehr Lieder im Repertoire haben. Gut bedient sind auch noch "Um-die-Ecke-Denker" - nehmen wir mal den oben erwähnten Spieltitel: Klar gibt es König und Dame, Schach Matt, Pokerface, 4 gewinnt oder (Klaus Lage sei dank) Monopoly - aber wer erinnert sich daran, daß im Refrain von 10 kleine Jägermeister "Mensch ärger dich nicht" vorkommt? Natürlich kann man auch Fiesta Mexicana singen, das geht schließlich mit "Hossa!" los (ein Spiel das im Spiel vorkommt ist auch was nettes), aber wie wäre es mit Simon & Garfunkel... na, dämmerts? Bridge over troubled water hat zwar nicht wirklich etwas mit Spielkarten zu tun, zulässig ist es aber trotzdem...

Insgesamt: Sehr viel Spaß für wenig Geld, und natürlich erweiterbar (einfach noch mehr Karten dazu, wieso auch nicht, es gibt von Bewitched auch schon PDFs mit "Ergänzungen"). Die Tatsache, daß alle bisherigen Auflagen, auch die bei Schmidt lizenzierte, ausverkauft sind, spricht eine deutliche Sprache. Also, wer's noch nicht hat – kaufen!



HerstellerBe-Witched Spiele
Besonderheit4. Auflage in Metalldose
AutorenAndrea Meyer
Spieler 3-80
Denken 7
Glück 1
Geschicklichkeit 0
Preis € 19,90
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Donnerstag, 24. März 2011

Stadt und Land

Nihavand - die Perle Arans

Midgard ist ein Rollenspielsystem, das, trotz seiner Größe in Deutschland, in der Deutschen Rollenspielszene kaum wahrgenommen wird. Es gibt zwar immer wieder Einführungsrunden auf verschiedenen Cons, aber wenn ich zurückdenke, wann ich das letzte Mal bewusst eine Midgard-Runde, die keine Einsteigerrunde war, gesehen habe, muss ich schon weit zurückdenken. Es ist natürlich möglich, dass ich zum Beispiel auf der NordCon zum falschen Zeitpunkt an den Aushängewänden war, aber wenn mir sogar "Exoten" wie Floating Vagabond oder Perry Rhodan (das ja selbst auch ein Midgard-Derivat ist, zugegebenermaßen) als wiederholt aufgetreten im Gedächtnis bleiben, muss ich einfach annehmen, dass Midgard eben auf normalen Cons kaum vertreten ist.

Das dürfte auch daran liegen, dass die Midgard-Szene fast schon den Rang einer eigenständigen Gruppe (um nicht zu sagen: veschworenen Gemeinschaft) hat, die nur wenig Berührungspunkte mit 'anderen' Rollenspiele(r)n hat. Midgard-Cons gibt es zwar auch, aber von denen hört man oft nur im Midgard-Forum selber, und sie folgen eigenen Regeln: meist ist eine Voranmeldung notwendig, die Eintritspreise liegen deutlich über denen, die man von normalen Cons gewohnt ist - weil üblicherweise die Verpflegung gleich mit geregelt wird -, meist finden sie in Jugendherbergen / -hotels statt, Übernachtung im Bett eingeschlossen und und und. Dennoch findet man hin und wieder auch im Fachhandel Quellenbücher und Regelwerke, wie zum Beispiel eben 'Nihavand - Die Perle Arans'.


Das Format ist nicht nur von Midgard-Büchern her bekannt, etwas kleiner und minimal breiter als DIN A 4, Hardcover, 160 Seiten. Nur der Vorsatz ist dunkelblau, ansonsten sind die gesamten Innereien des Bandes schwarzweiß gehalten. Buchbindetechnisch abrundend: kein Schmutztitel, kein Gold-, Silber- oder anderer Zierschnitt - das wäre auch arg nobel für diesen Band -, aber auch kein Lesebändchen. Das wiederum wäre ganz nett, denn nicht nur stehen zwei Abenteuer im Buch, zu denen man während des Leitens derselben hin und wieder zurückblättern will: wenn man bestimmte Erläuterungen in einer Sitzung häufiger benötigt, macht so ein Leseband doch mehr Sinn als Klebezettel oder Einlagen, die man selber anfertigen muss. Im Rückdeckel ist eine Tasche, in der eine Farbkarte Arans zu finden ist.

Schon wenn man den Text auf der Rückseite des Buches liest, erkennt man, in welche grundsätzlichen Kulturkreise das Buch einzuordnen ist: Wesire, Diebe, Ritter in Samt und Eisen wecken sofort eine Stimmung irgendwo zwischen spanisch-maurisch, arabisch, iranisch und Kreuzritter - und man ist gar nicht einmal allzu weit von der Stimmung des Buches entfernt.

Wo ich schon über Text auf dem Einband spreche: allzu genau sollte man sich den Buchrücken nicht ansehen: dort hat wohl einer der 'waghalsigen Diebe' Arans den Stadtnamen das 'D' geklaut...

Im Inneren überzeugt die Arbeit aber dann wieder. Der Haupttext ist zweigeteilt: zuerst eine 'Kleine aranische Landeskunde' von knapp 30 Seiten, dann der Text zu Nirhavand mit ca. 80 Seiten. Der Rest wird verbraucht durch zwei spielbereite Abenteuer (8 und 13 Seiten plus drei Seiten Anhängen) und den eigentlichen Anhängen mit einem Wörterbuch, einem Gebäude- und Personenindex und einem allgemeinen Index.

Die Landeskunde führt in der Art eines Reiseführers in die allgemeinen Umstände des Lebens in Aran ein. Durch den Umfang kann diese natürlich nicht so detailliert sein wie man es vielleicht blauäugig aus gewissen anderen Systemen erwarten würde.

Anschließend wird die Stadt Nihavand näher beschrieben, in Form eines Stadtrundganges. Ein einheimischer Cicerone erzählt einem, beginnend in der Stadtmitte (also bei den reichsten Einwohnern), was man in der Stadt erleben kann, und führt einen dann bis in die Slums und Randgebiete. Hierbei hilft natürlich, dass Nihavand wesentlich stärker strukturiert ist als es Städte dieser Größenordnung normalerweise sind - auch wenn die Viertel in einer mittelalterlichen Welt nicht so schnell ihre Einwohner wechseln wie heutzutage (man bedenke nur den Weg, den das Greenwich Village in New York in relativ kurzer Zeit genommen hat - von Reichenviertel über Armenviertel hin zu moderner Bohème), ist doch, wenn man historische Karten bekannterer Städte ansieht, ein derart gleichmäßiges Gefälle nach außen hin eher ungewöhnlich - meist gibt es mehrere 'Zentren' der reicheren Bewohner, und mehrere räumlich getrennte Armengebiete.

Auch will die Stadtrundführung einen nicht mit allen Häusern en detail bekannt machen, man erhält mehr ein Stimmungsbild und einen Eindruck, den man als Besucher von einem Viertel erhält. Zwischen die Beschreibungen eingestreut sind Personenbeschreibungen, die in der Regel auch 'Geheimnisse' enthalten (Spielleiterinformation, die in Abenteuern ausgeführt/angewendet werden kann). So schön der Text als Besychreibung für Spieler wäre, nachdem ihre Charaktere eine gewisse Zeit in Nihavand sind - durch diese eingestreuten Spielleiterinformationen kommen doch eine ganze Menge Spoiler hinein, so dass der naheliegende Verwendungszweck so nicht umgesetzt werden kann.

Die Personenbeschreibungen sind allerdings für den Spielleiter sehr nett - nicht nur enthalten sie Abenteuerideen, sie bieten auch Ideen für Persönlichkeiten. Leider fallen eine ganze Reihe der vorgestellten Personen in die allgemeine Kategorie 'Ausländer' - auch hier hätte ich mir mehr Araner gewünscht, um ein Gefühl für die Leute des Landes zu erhalten. So erwecken auch diese NSCs den Eindruck, dass Nihavand als Hafenstadt und Verbindung zur 'großen weiten Welt' eher eine Ausnahmerolle in Aran spielt denn als typische aranische Stadt angesehen werden kann.

Die Aufteilung ist ungewöhnlich - auch wenn Aran ziemlich groß ist, beschränkt der Band sich hautpsächlich auf Nihavand als 'typische Stadt Arans'. Über die anderen Stäte erfährt man nur wenig - und Nihavand ist doch auch in nicht zu unterschätzendem Maße geprägt von den Gästen und Reisenden, die hier unweigerlich auflaufen. Man fragt sich unwillkürlich, inwieweit die anderen Gegenden konservativer, xenophober und eben 'aranischer' sind als Nihavand. Insofern ist die Bezeiochnung 'Quellenbuch Aran' auf dem Cover ein wenig irreführend.

Wohl schon eher ungewöhnlich für ein Midgard-Quellenbuch dürfte sein, dass es im spieltechnischen Bereich nur wenig zu finden gibt. Weder zu den Besonderheiten aranischer Magier, noch im Bestiarium finden sich viele spielrelevante Werte - für einen erfahrenen Spielleiter wohl weniger ein Problem, aber für jemanden, der nicht so viel leitet, wären Werte, Beispielcharaktere etc. eine willkommene Richtschnur gewesen. Gerade was die Besonderheiten aranischer Magier angeht, wären mehr Erklärungen sicher willkommen gewesen.

Zu den beiden Abenteuern will ich nicht allzuviel sagen, nur so weit: sie haben einen gewissen Zusammenhang, was dazu führte, dass die NSC-Beschreibungen für beide Abenteuer zusammengefügt wurden (um Verweise bzw. Doppelbeschreibungen zu vermeiden). Das hat aber dann den Nachteil, dass eine Gruppe, bei der die Spielleiter ihre Rollen abwechseln, hier einer echten Spoilergefahr ausgesetzt sind: der Spielleiter des ersten Abenteuers erfährt nahezu automatisch einige Geheimnisse, die erst im zweiten Abenteuer interessant werden - in dem der Spielleiter dann ggf. wieder als Spieler aktiv sein will. Ansonsten sind die Abenteuer ganz gut gemacht und passen auch qua Stimmung gut in den Band. Ziel der beiden Abenteuer sind allerdings Ausländer, die die aranische Kultur noch nicht so gut kennen.

Das Buch an sich ist, wenn man nicht gerade auf eine ausführliche Beschreibung des eigentlichen Aran angewiesen ist, sicher seinen Preis wert. Die oben erwähnten Kritikpunkte sind teilweise sicher sehr beckmesserisch, insgesamt überwiegt eindeutig der positive Eindruck.

HerstellerVerlag für F&SF-Spiele
AutorenIris Tinius, Holger Epp et al.
Spieler RPG
Denken RPG
Glück RPG
Geschicklichkeit RPG
Preis € 24,95
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Donnerstag, 17. März 2011

Handelsreisen

Lübeck

Die Hanse - genauer: die Deutsche Hanse, den der Begriff "Hanse" bzw. "Hänse" wurde auch allgemeiner verwendet – war ein Zusammenschluss nordeuropäischer Kaufleute (ursprünglich Norddeutschland, aber später weitergehend), der sich der Sicherheit der Warentransporte auf dem Seeweg und der Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen gewidmet hatte. Hauptsitz der Hanse war Lübeck, und das Holstentor als Wahrzeichen der Hanse war lange Zeit jedem Deutschen bekannt - immerhin zierte es den Geldschein zu 50 DM.

Unter dem Namen Lübeck gibt es ein Spiel von DLP Games, einem kleinen Verlag aus Aachen (das selbst übrigen keine Hansestadt war). DLP ist vielleicht nicht so ein Begriff - es ist ein Verlag, der im Jahr 2009 errichtet wurde -, aber die volle Firmierung lässt dann doch aufmerken: mit vollem Namen heisst die Firma Reiner Stockhausen dlp - und Reiner Stockhausen wiederum hat schon Spiele erschaffen wie Freibeuter oder Die sieben Weisen.


In der Spielschachtel findet man folgende Teile:
  • einen Spielplan
  • 60 Spielkarten
  • 15 Spielfiguren, in fünf Sätzen zu je drei gleichfarbigen Figuren
  • 6 Koggen als Punchout
  • 2 Kompassplättchen als Startspielermarker, ebenfalls in Form eines Punchouts
Die Koggen und Kompassplättchen findet man in einem dicken, plastifizierten Blatt als vorperforierte Teile. Leider sind sie ziemlich unbequem aus dem Blatt zu lösen: wenn man nicht aufpasst, beschädigt man die Koggen ziemlich leicht, sogar wenn man (was ich nch schlechter Eigenerfahrung dringend anraten würde) statt der Stanzung eine Schere verwendet. Die Spielkarten wirken einfach, sind aber überraschend stabil, die Spielfiguren sind standardisierte Mensch-ärgere-Dich-nicht-Pöppel. Das Spielbrett hingegen ist ziemlich dick und stabil, und anders als bei einigen Besprechungen war mein Exemplar auch sauber verarbeitet.

Angesichts der Tatsache, dass es um Geld und Handel geht, überrascht vielleicht ein wenig, dass kein Spielgeld mitgeliefert wird. Das ist aber auch nicht nötig: statt Geld gibt es eine Punktebahn um das Spielfeld herum, auf der die Einkünfte (und notfalls auch die Ausgaben) mit einem der drei Pöppel nachgehalten werden können.

Das Spiel unterteilt sich in eine Reihe Handelsrunden, die jeweils eingeleitet werden durch eine Auftragsrunde. Hierfür werden (Auftrags-)Karten in mehreren Päckchen offen ausgelegt, in jedem Päckchen befinden sich mindestens zwei Karten. Beginnend beim Startspieler wählt sich jeder Spieler ein Päckchen, zwei Päckchen bleiben offen liegen und werden in der nächsten Runde mit einer weiteren Auftragskarte 'fetter gemacht'. Zusammen mit den noch vorhandenen Handkarten ergibt sich daraus die Auftragslage für die einzelnen Händler.

Reihum kann dann jeder Spieler jeweils genau eine Sache tun: eine Handelsfahrt starten, eine Karte ausspielen, eine Karte abwerfen oder passen. Eine Handelsfahrt startet immer in Lübeck, hierfür muss eine der (Anzahl der Spieler plus 1) Koggen noch frei sein, oder eine Kogge noch in Lübeck stehen: man setzt ganz einfach eine eigene Figur auf die Kogge. Da man nur zwei verwendbare Figuren hat, ist diese Möglichkeit also schnell nicht mehr verfügbar. Passen darf man nur, wenn man maximal drei Handkarten übrig hat - wenn man mehr Handkarten hat, muss man erst ein, zwei Runden damit verbringen, nicht benötigte Karten abzuwerfen, weas außerdem noch Geld (Punkte) kostet. Allerdings ist man, wenn man einmal gepasst hat, aus der laufenden Runde endgültig 'raus.

Mit den Karten kann man verschiedene Dinge tun. Die meisten Karten sind Handelskarten - sie geben eine Stadt an und einen Warenwert. Wenn eine Kogge in der betreffenden Stadt steht, kann man die Ware löschen und den Wert als Punkte einstreichen, wenn die Kogge eine Stadt vor der angegebenen steht, kann man sie dorthin weiter ziehen und dann löschen. Da eine Kogge immer nur in einer Richtung unterwegs ist (weg von Lübeck), kann es daher geschehen, dass eine Kogge bereits an der gewünschten Zielstadt vorbei ist, wenn man an den Zug kommt.

Außerdem gibt es ein paar Sonderkarten. Mit einigen der Karten kann man eine Kogge in Danzig, Helsingborg, Riga, Stettin oder Visby starten lassen (die Reiserichtung ändert sich hierdurch allerdings nicht) - oder auch eine eigene Figur auf eine Kogge am angegebenen Ort einsetzen. Für dieselben Städte gibt es Sonderkarten 'Verdopplung'. Auch mit ihnen kann man eine Kogge zum genannten Ort (maximal eine Stadt weit) bewegen, lohnen tut die Karte aber nur, wenn die Kogge im nächsten Durchgang noch dort steht - dann erhält man für Warenlieferungen hierhin den doppelten Erlös. Leider ziehen die lieben Mitspieler die Koggen in so einem Fall schnell weiter, und die Verdopplungs-Karte wirkt nur in der aktuellen Runde, wird also beim nächsten Verteilen der Auftragskarten wieder weggenommen. Piraten beenden eine Handelsfahrt ziemlich abrupt - die Spielfiguren gehen zurück an die Spieler, die Kogge geht zurück in den Vorrat ungenutzter Koggen. Die Karte 'Schiffswechsel' schließlich erlaubt es, eine eigene Spielfigur von einer Kogge auf eine beliebige andere zu teleportieren.

Wenn alle Spieler ihre Kartenhände auf 3 Karten oder weniger verkleinert haben und passen, endet die Runde. Koggen im Endhafen (Reval, London, Brügge) werden 'recyclet', die Figuren gehen an die Spieler zurück. Außerdem darf jeder Spieler Figuren, die noch unterwegs sind, zurücknehmen, er kann sie aber auch stehen lassen. Dann werden neue Päckchen gebildet, der Startspieler wechselt, und es geht weiter.

Das Spiel geht so lange, bis die Karten zweimal aufgebraucht sind. Am Ende zählen dann alle Karten, die ein Spieler noch auf der Hand hat, genauso viele Minuspunkte wie beim Abwerfen. Wer danach die meisten Punkte hat, hat gewonnen.

Wichtig bei diesem Spiel ist es, ständig genau im Gedächtnis zu behalten, welche Karten die Mitspieler aufgenommen haben - wenn ich weiss, dass niemand eine Kogge wegbewegen kann, für die ich eine Verdopplung ausspielen kann, ist das natürlich ganz gut - außerdem kann man planen, mit wessen Pöppel man auf derselben Kogge auf Reise gehen will. Da eine Kogge nicht umdrehen kann, und man (außer mit den Karten Piraten und Schiffswechsel) eine einmal begonnene Reise auch nur am Ende einer Runde vor Erreichen des Zielhafens abbrechen kann, sitzt man sonst evtl. auf einer Kreuzfahrt durchs Baltikum fest, während man eigentlich nach London wollte.

Hierfür ist es auch sehr wichtig, die Startkarten (man erhält drei verdeckt zu Spielbeginn) taktisch klug einzusetzen - dies sind immerhin die einzigen Karten, von denen die Mitspieler nicht wissen, was man hat. Man sollte sich daher hüten, eine dieser Karten vorschnell einzusetzen, um einen Mitspieler zu ärgern: vor allem zu Spielbeginn sind die späteren Einsatzmöglichkeiten oftmals viel effektiver als der kurzfristige Ätsch-Effekt.

Ansonsten ist das ganze Spiel eher geradlinig - auch ein Gelegenheitsspieler wird hier nicht unter einer Flut von Optionen untergehen. Oftmals hat man nur eine oder zwei Möglichkeiten, was man gerade tun kann. Die Angabe 'ab 8 Jahren' ist mE eine ganz brauchbare Einschätzung. Nach idR einer guten halben Stunde ist das Spiel beendet - meist zugunsten des Spielers, der am besten wusste, welche Mitspieler welche Warenkarten genommen und noch nicht wieder ausgespielt hatten.

HerstellerReiner Stockhausen dlp
Autor Reiner Stockhausen
Spieler 3-5
Denken 5
Glück 5
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 15 €
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